Sachlichkeit statt Klartext

ZurZeit - ein Gedanke des Dekans zur Zeit

„Sprachpanscher des Jahres“, diesen Negativpreis hat der Verein Deutsche Sprache im Lutherjahr der Evangelische Kirche vergeben. Der Verein geißelt mit dieser jährlichen „Auszeichnung“ bemerkenswerte Fehlleistungen im Umgang mit der deutschen Sprache. Damit sitzen im fünfhundertsten Jahr der Reformation ausgerechnet die Nachfahren des Mannes auf der Anklagebank, der die deutsche Sprache entscheidend prägte. Und es darf tatsächlich bezweifelt werden, ob Luther ein Kunstwerk, das aufruft, anderen Menschen ein Segen zu sein, originell „BlessU-2“ getitelt hätte. Oder ob er in Wittenberg einen Segnungsgottesdienst mit „Moments of blessings“ beworben hätte.

Aber mich plagen derzeit ganz andere sprachliche Fehlleistungen. Mich beunruhigen vielmehr die, die sich rühmen, endlich Klartext zu sprechen. Also jedermann verständlich, klar auf den Punkt gebracht, einprägsam. In der Nachlese zur Bundestagswahl tönte es ziemlich schrill: „Wir werden sie jagen und uns unser Volk zurückholen“, „wir müssen jetzt unseren Kampfanzug anziehen“ und „ab morgen kriegen sie in die Fresse“.  

Warum so martialisch? Die angesprochenen Verlierer in unserem Volk würden auch verstehen, wenn man ihnen einfach nur sagt, wie man erschwinglichen Wohnraum schaffen will, wie man Armut im Alter zu bekämpfen gedenkt, welche Chancen man Flüchtlingen einräumen will und wie man die Abgehängten wieder an unsere Gesellschaft ankoppeln möchte. Da gibt es sicher Lösungen. Ein bisschen mehr Sachlichkeit und Tatendrang statt Polemik und Klartext könnte unser Land noch weiter voranbringen, als es ohnehin schon ist.